Mensch und Hund: Lernen, als Streicheleinheit getarnt

Salzburger Nachrichten, Michaela Hessenberger

Artus ist eine Diva, Hasen lassen ihn völlig kalt. Der siebenjährige Bayerische Gebirgsschweißhund hat besondere Talente. Von ihm können Groß und Klein lernen.

Ein Hund in der Schule – da ist die Aufregung für die Mädchen und Buben groß. Sie stürmen auf Artus zu. „Moment, lasst ihm ein bisschen Luft. Er kommt schon zu euch“, sagt Tanja Gratzer (32) zu den Kindern. Auch wenn es ihnen schwerfällt, sie setzen sich hin und nur ein wenig später beginnt Artus zu wedeln, zu schnuppern und seine Runden durch den Raum zu drehen. Er will sich bewundern lassen und sich ein paar Streicheleinheiten abholen.
Artus, sein Frauchen nennt den gebürtigen Lungauer kurz „Bub“, ist selbst quasi zur Schule gegangen – gemeinsam mit Tanja Gratzer. Die beiden haben die Therapiebegleithunde-Ausbildung bei Humanis Et Canis in Salzburg absolviert. Der Verein bildet Mensch/Tier-Therapieteams für den Besuchsdienst aus. Nach der Ausbildung sind die Teams in der Lage, Kinder, Menschen mit Beeinträchtigung, alte Menschen und generell Gesellschaft Suchende zu besuchen und mit Tieren Freude zu spenden.

Bei diesem Lernprozess waren „Bub“ und seine Besitzerin in Schulklassen und arbeiteten mit körperlich beeinträchtigten Menschen zusammen. Eine erfahrene Kollegin nahm die beiden bei den ersten Malen mit und leitete sie sanft an.

Wenn Mensch und Tier gemeinsam lernen.

Schnell war Gratzer klar, dass es nicht nur ihr Hund war, der ordentlich lernen musste. „Auch ich habe mir extrem viel aus dieser Zeit mitgenommen“, berichtet die Marketing- und PR-Fachfrau. Sie musste sich mit Artus intensiv auseinandersetzen, ihn noch einmal neu kennenlernen. „Ich habe von ihm wahnsinnig viel Geduld und Ruhe gelernt“, sagt die Salzburgerin. Sie habe genau beobachtet, wie er auf andere – egal, ob Tier oder Mensch – zugehe. Körpersprache sei dabei immer ein Thema gewesen. Einerseits galt es jene des braunen Bayerischen Gebirgsschweißhunds im Auge zu behalten.

Andererseits gelangen Befehle ganz anders, wenn Gratzer ein wenig an ihrem eigenen Auftreten schraubte. Sie erinnert sich: „Wenn der Hund links neben mir sitzen sollte und ich mit vollem Gewicht auf dem linken Fuß stand, signalisierte ihm das Druck. Dem Befehl folgte er aber, wenn ich das Gewicht nach rechts verlagerte und mich leicht von ihm weg neigte.“ Erfahrungen, die beide heute wie ganz von selbst einsetzen.

Doch was passiert, wenn das Duo beim Gassigehen Hunden begegnet und sofort klar ist, dass die Tiere sich nicht sonderlich riechen können? „Dann haben wir schon vorher gelernt, wie wir unsere Probleme lösen und müssen nicht voreilig handeln“, sagt Gratzer. Referenzerlebnisse, etwa in der Ausbildung, haben beide gelehrt, wie sie mit brenzligen Situationen umgehen und sie zu einem guten Ende bringen. Nicht anders verhält es sich laut der Hundebesitzerin auch in Stress- oder Prüfungssituationen. Ruhig bleiben, sich auf Talente besinnen, durchatmen und erst dann handeln – so lautet ein probates Rezept.

Ein kleines Wunder

Dankbar ist die Salzburgerin ihrem Haustier mit den hängenden Ohren auch für eine Lektion, die sie berührt hat. Zusammen gehen sie regelmäßig in Seniorenheime, um mit älteren Menschen Zeit zu verbringen, zu spielen oder auch, um die Motorik zu schulen. Bei einer alten Dame war die Hand verkrampft und dadurch zur Faust geballt. Gratzer legte der Frau bei einem Besuch ein Hundeleckerli zwischen die Finger und Artus begann, vorsichtig an der Hand zu schlecken. „Er hat weiter und weiter gemacht, da war schon lang kein Keks mehr zwischen den Fingern der Seniorin. Und dann hat sie langsam ihre Hand geöffnet.“ Seither steht für Artus‘ Frauchen fest: „Der Hund schafft, was Menschen nur selten gelingt.“

Salzburger Nachrichten, Michaela Hessenberger

Quelle: https://www.sn.at/salzburg/chronik/mensch-und-hund-lernen-als-streicheleinheit-getarnt-1747099

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